Biologische Vielfalt auf ehemaligen Nutzflächen auch nach hundert Jahren noch beeinträchtigt
Während die pflanzliche Vielfalt mit der Zeit wieder zunimmt, bleibt die Produktivität der Pflanzen nach einer landwirtschaftlichen Nutzung eingeschränkt.
Basiert auf einer Medienmitteilung der University of Minnesota.
Minnesota/Leipzig. Auch Jahrzehnte nach der Stilllegung landwirtschaftlicher Flächen hat sich die Pflanzenwelt noch nicht vollständig erholt. Das zeigt eine Studie in der Fachzeitschrift Nature Ecology & Evolution. Wissenschaftler vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv), dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und der University of Minnesota untersuchten die pflanzliche Vielfalt und Produktivität auf Flächen, die in der Vergangenheit als Acker genutzt wurden und deren landwirtschaftliche Nutzung eingestellt wurde. Während die pflanzliche Vielfalt auf den Wiesen mit der Zeit wieder zunimmt, bleibt die Produktivität der Pflanzen eingeschränkt.
Das internationale Forscherteam untersuchte Daten der vergangenen 37 Jahre zur pflanzlichen Vielfalt (Artenzahl) und zur Produktivität der Pflanzen (Biomasse oder Zahl der Pflanzen), die auf Wiesen und Grassteppen im US-Bundesstaat Minnesota gesammelt wurden. Die meisten dieser Flächen waren in der Vergangenheit landwirtschaftlich genutzt worden, die Nutzung wurde vor mindestens einem und maximal 91 Jahren eingestellt. Die Forschenden verglichen die Flächen dann mit Land in der näheren Umgebung, auf dem es keine größeren Eingriffe durch den Menschen gegeben hatte.
Sie fanden heraus, dass auf den früheren Nutzflächen ein Jahr nach der Stilllegung im Durchschnitt 38 % der pflanzlichen Vielfalt und 34 % der pflanzlichen Produktivität der relativ unberührten Gebiete erreicht war. 91 Jahre nach Stilllegung wurden 73 % Vielfalt und 53 % Produktivität festgestellt. Die lokale pflanzliche Vielfalt hatte sich mit der Zeit also deutlich erhöht, aber nicht vollständig erholt. Bei der pflanzlichen Produktivität kam es zu keiner signifikanten Erholung.
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die langsame und unvollständige Erholung der Arten auf stillgelegten Ackerflächen in Minnesota wahrscheinlich auch auf Ökosysteme weltweit zutrifft, in denen Land für die Landwirtschaft, die Holzindustrie oder andere menschliche Aktivitäten nutzbar gemacht wurde.
„Die Flächen, die landwirtschaftlich genutzt werden, nehmen langsam ab. Heute gibt es weltweit etwa 23 Millionen km² ehemalige Acker- und Waldflächen“, sagt Letztautor Dr. Adam Clark, der am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und dem Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) arbeitet. „Auf diesen Flächen können aktive Renaturierungsmaßnahmen dabei helfen, die biologische Vielfalt wiederherzustellen und ein Aussterben von Arten zu verhindern.“
Solche Renaturierungsstrategien können kontrollierte Brände zur Samenverbreitung einschließen, eine Heuernte zur Abtragung von Nährstoffen, die durch Düngen eingebracht wurden, oder das Einbringen von zuvor verdrängten Arten in die Nahrungskette (z.B. Pflanzenfresser und Raubtiere).
„Auf globaler Ebene weisen fossile Zeugnisse darauf hin, dass Pflanzenarten hunderte Male schneller aussterben, als es aufgrund der natürlichen Aussterberate der Fall sein dürfte“, meint Erstautor Prof. Forest Isbell vom College of Biological Sciences (CBS). „Auf dieser lokalen Ebene sehen wir, wie sich die menschlichen Aktivitäten auf den Artenverlust auswirken.“
Originalpublikation:
(iDiv-Wissenschaftler fett)
Forest Isbell, David Tilman, Peter Reich, and Adam T. Clark. "Deficits of biodiversity and productivity linger a century after agricultural abandonment". Nature Ecology and Evolution 3:1533–1538, 2019. DOI: 10.1038/s41559-019-1012-1
Ansprechpartner:
Dr. Adam Clark
Physiologische Diversität
Deutsches Zentrum für Integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
E-Mail: adam_thomas.clark@idiv.de
Web: www.idiv.de/de/gruppen_und_personen/mitarbeiterinnen/mitarbeiterdetails/798.html
Kati Kietzmann(Deutsch)
Abteilung Medien & Kommunikation
Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig
Tel.: +49 341 9733106
E-Mail: kati.kietzmann@idiv.de
Web: www.idiv.de/de/gruppen_und_personen/mitarbeiterinnen/mitarbeiterdetails/eshow/kietzmann_kati.html