Makaken können durch das Jagen von Ratten Palmölproduktion nachhaltiger und effizienter machen
Obwohl sie in Malaysia selbst als Plantagenschädlinge angesehen werden, können Makaken bei der Bekämpfung einer noch schlimmeren Plage helfen.
Leipzig/Gelugor. Der Südliche Schweinsaffe, eine Makakenart aus Südostasien, hat in Malaysia keinen sonderlich guten Ruf und gilt gemeinhin als Plantagenschädling. Doch tatsächlich ernähren sich die Affen auch von Ratten, der größten Plage im Palmölanbau, und können damit eine wichtige Ökosystemdienstleistung durch natürliche Schädlingsbekämpfung erbringen. Das fanden Wissenschaftler der Universiti Sains Malaysia (USM), des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv), der Universität Leipzig (UL) und des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie (MPI EVA) heraus. Gemeinsam untersuchten sie Kosten und Nutzen von Makaken in Palmölplantagen. Ihre Ergebnisse wurden nun in der Fachzeitschrift Current Biology veröffentlicht.
Palmöl ist als Bestandteil von verarbeiteten Nahrungsmitteln, Kosmetika, Waschmitteln und Biokraftstoffen aus unserem Alltag kaum noch wegzudenken. Doch die Herstellung erfolgt auf Kosten der Natur: Der Rückgang natürlicher Waldbestände, verringerte Artenvielfalt und die Beeinträchtigung der Klimaregulierung sind nur einige der negativen Begleiterscheinungen, wenn tropischer Regenwald in Monokulturen wie Ölpalmplantagen umgewandelt wird. Heute werden weltweit mehr als 18 Millionen Hektar Land für die Palmölproduktion genutzt, davon befindet sich rund ein Drittel in Malaysia, einem der Hauptproduzenten von Palmöl.
Hohe Ernteverluste werden hier durch Ratten verursacht, die sowohl die reifen als auch unreifen Früchte fressen. Allein in Malaysia entsprechen die jährlichen Verluste einer Anbaufläche, die doppelt so groß wie Luxemburg ist. Für die Bekämpfung der Nagetiere wird häufig Gift eingesetzt. Der großflächige Einsatz solcher Rodentizide ist jedoch nicht nur teuer und kaum wirksam, sondern auch überaus schädlich für die Umwelt und insbesondere für Tierarten, auf die man es gar nicht abgesehen hat. Eine Schlüsselrolle bei der natürlichen Schädlingsbekämpfung und somit auch einer nachhaltigeren Palmölproduktion nehmen Fressfeinde wie etwa Schleiereulen ein, die bereits als Alternative zum konventionellen Pflanzenschutz eingesetzt werden. Forscher bezweifeln jedoch, dass Schleiereulen allein die Rattenpopulationen eindämmen können. „Im Idealfall werden verschiedene Fressfeinde eingesetzt, die unterschiedliche ökologische Nischen abdecken, also entweder tag- oder nachtaktiv sind oder in verschiedenen Substraten innerhalb der Plantage jagen“, erklärt Dr. Nadine Ruppert, die an der USM forscht und das Macaca Nemestrina Project ins Leben gerufen hat.
Das Forscherteam aus Malaysia und Deutschland untersuchte, ob Makaken tatsächlich zu einer deutlichen Verminderung der Ratten auf den Plantagen beitragen können. Sie beobachteten das Fressverhalten zweier Gruppen freilebender und habituierter Südlicher Schweinsaffen (Macaca nemestrina) in einer Palmölplantage, die an ein Waldschutzgebiet an der Westküste der malaysischen Halbinsel angrenzt. Die Forscher fanden heraus, dass Makaken zwar ebenfalls die Früchte der Ölpalmen fressen, dadurch aber lediglich einen Schaden von weniger als 1 % verursachen – sehr gering also, verglichen mit einem Verlust von 10 %, der durch Ratten entsteht. Ihren Schätzungen zufolge fraß jedoch jede der Makakengruppen mehr als 3000 Ratten im Jahr. „Wir gehen davon aus, dass sich die Makaken hervorragend zur Schädlingsbekämpfung eignen, da sie aktiv nach Ratten suchen und dabei sehr zielgerichtete Strategien anwenden“, meint Erstautorin Anna Holzner, die als Doktorandin an der UL und am MPI EVA forscht. „Andere Fressfeinde jagen vor allem nachts in Bodennähe nach Beute. Die Südlichen Schweinsaffen hingegen entfernen aktiv den Blattgrund an den Stämmen der Palme um nach Ratten zu suchen, die sich dort tagsüber verstecken.“ Holzner und ihre Kollegen bewiesen außerdem, dass sich die Zahl der Ratten durch den regelmäßigen Besuch der Primaten auf den Plantagen um mehr als 75 % reduzieren lässt. Stellt man Kosten und Nutzen gegenüber, so kann dank der Makaken eine Ertragssteigerung um 7 % erzielt werden, was pro Jahr ungefähr 100 € pro Hektar entspricht.
„Wir erwarten, dass unsere Ergebnisse sowohl private als auch öffentliche Plantagenbesitzer ermutigen werden, den Schutz dieser Primaten und ihres natürlichen Waldlebensraums in und um Ölpalmenplantagen zu berücksichtigen“, sagt Letztautorin Prof. Anja Widdig, Leiterin der Forschungsgruppe für Primate Behavioural Ecology am MPI EVA und der UL. Zusammen mit Palmölproduzenten und Nichtregierungsorganisationen in Malaysia werden sich die Wissenschaftler dafür einsetzen, dass ihre Erkenntnisse zukünftig Früchte tragen: Wildtierkorridore könnten die Makakenpopulationen und die Biodiversität schützen, während gleichzeitig sowohl die Erträge der Plantagen als auch die Nachhaltigkeit der Palmölproduktion durch eine umweltfreundlichere Art der Schädlingsbekämpfung gesteigert werden könnten. „So erzielen wir letztendlich eine Win-Win-Situation für Palmölindustrie und die Biodiversität“, meint Prof. Widdig.
Originalpublikation:
(iDiv-Wissenschaftler fett)
Anna Holzner, Nadine Ruppert, Filip Swat, Marco Schmidt, Brigitte M. Weiß, Giovanni Villa, Asyraf Mansor, Shahrul Anuar Mohd Sah, Antje Engelhardt, Hjalmar Kühl, Anja Widdig (2019), Macaques can contribute to greener practices in oil palm plantations when used as biological pest control. Current Biology, Vol. 29(20), PR1066-R1067. DOI: 10.1016/j.cub.2019.09.011
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Anja Widdig
Leiterin der Forschungsgruppe Primate Behavioural Ecology
Institut für Biologie, Universität Leipzig
Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie
Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig
Tel.: +49 341 9736 707
E-Mail: anja.widdig@eva.mpg.de
Dr. Nadine Ruppert
School of Biological Sciences
Universiti Sains Malaysia
Tel.: +604 6533513
E-Mail: n.ruppert@usm.my
Anna Hoizner
Institut für Biologie, Universität Leipzig
Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie
Tel.: +49 341 9736 872
E-Mail: anna.holzner@uni-leipzig.de
Kati Kietzmann
Abteilung Medien & Kommunikation
Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig
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