01.09.2022 | iDiv-Mitglieder, TOP NEWS, Medienmitteilung, Forschung

Große Pflanzenvielfalt ist oft auf kleinstem Raum zu finden

Diese Wiese in Rumänien gehört zu den artenreichsten Regionen der Erde - 2009 fand ein Forschungsteam hier 98 Pflanzenarten. (Bild: Jürgen Dengler)

Diese Wiese in Rumänien gehört zu den artenreichsten Regionen der Erde - 2009 fand ein Forschungsteam hier 98 Pflanzenarten. (Bild: Jürgen Dengler)

Hinweis für die Medien: Die von iDiv bereitgestellten Bilder dürfen ausschließlich für die Berichterstattung im Zusammenhang mit dieser Medienmitteilung und unter Angabe des/der Urhebers/in verwendet werden.

Steppen Osteuropas beherbergen ähnlich viele Pflanzenarten wie Amazonasregenwaldregionen

Basiert auf einer Medienmitteilung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Halle/Leipzig. Die Steppen Osteuropas beherbergen ähnlich viele Pflanzenarten wie Regionen des Amazonasregenwaldes. Das zeigt sich aber nur, wenn Forschende die Arten nicht nur auf großen Flächen von vielen Hektar zählen. Warum sich aber das Zählen auch auf viel kleineren Flächen im Bereich von wenigen bis einigen Hundert Quadratmetern lohnt, zeigt jetzt ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig im Fachjournal Nature Ecology & Evolution. Die Ergebnisse könnten für neue, passgenauere Naturschutzkonzepte nützlich sein.

Für die Studie analysierte das Team einen Datensatz von rund 170.000 Vegetationsaufnahmen aller Klimazonen der Erde. In den Daten enthalten sind Angaben zu allen vor Ort gefundenen Pflanzenarten und den Koordinaten der jeweiligen Untersuchungsfläche. Die Daten stammen aus der weltweit einzigartigen Vegetationsdatenbank „sPlot“, die am iDiv angesiedelt ist.

„Die meisten Untersuchungen zur globalen Artenvielfalt wurden bislang auf einer relativ großen Skala durchgeführt, zum Beispiel auf der Fläche von Provinzen oder Staaten. Wir wollten herausfinden, ob es für Wälder und andere Ökosysteme einen Unterschied macht, wenn man dagegen kleinere Flächen untersucht“, sagt der Geobotaniker Prof. Dr. Helge Bruelheide von der MLU und iDiv. Mit Hilfe eines Ansatzes der Künstlichen Intelligenz ging das Team daher unter anderem dem Zusammenhang zwischen der Anzahl von Pflanzenarten und der Größe der jeweiligen Untersuchungsflächen nach.

Bei der Auswertung zeigte sich, dass es Gebiete auf der Erde gibt, bei denen relativ große Untersuchungsflächen das Bild verzerren können: In den Steppen Osteuropas und Sibiriens oder den europäischen Alpenländern etwa lässt sich auf kleinen Flächengrößen eine verhältnismäßig hohe Artenvielfalt feststellen. Die großen Unterschiede zwischen den Tropen, wie etwa dem Amazonasgebiet, und den gemäßigten Klimazonen verschwinden demnach auf einer feinen räumlichen Skala fast ganz.

Gleiches gilt sogar für die afrikanischen Tropen, die bisher als Ausnahme in der tropischen Pflanzenwelt galten. „Die Tropen zählen seit jeher zu den artenreichsten Gebieten der Welt. Wir haben uns gefragt, warum das für Afrika nicht zutreffen sollte“, sagt Dr. Francesco Maria Sabatini, der die Studie in Halle leitete und mittlerweile an der Universität von Bologna forscht. Tatsächlich gebe es innerhalb der afrikanischen Tropen eine große Varianz bei der Verteilung von Pflanzenarten, so Sabatini. Diese seien über sehr große Abstände verteilt, sodass sie bei der Untersuchung einer größeren Fläche nicht immer erfasst werden. „Diese Verteilungsmuster erkennt man jedoch nur aus der Vogelperspektive, wenn man viele kleine Flächen betrachtet“, so Sabatini weiter.

Die Studie zeigt zudem, dass es für andere sehr artenreiche Gebiete, wie die Cerrado-Savannen in Brasilien oder Regionen in Südost-Asien, unerheblich ist, auf welcher räumlichen Skala sie betrachtet werden. Diese Ergebnisse sind auch für den Artenschutz von Bedeutung: „Ökosysteme mit einer hohen Artenvielfalt nur auf großen Flächen können nicht mit traditionellen, flickwerkartigen Gebieten geschützt werden. Dagegen könnten Ökosysteme mit hoher Artenvielfalt auf kleinen Flächen durchaus von mehreren voneinander abgetrennten Schutzzonen profitieren“, so Bruelheide abschließend.

Die Studie wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen der iDiv Forschungsplattform sPlot (DFG FZT 118, 202548816) gefördert.


Originalveröffentlichung:

(Forschende mit iDiv-Zugehörigkeit fett)

Sabatini, F. M., Jiménez-Alfaro, B., Jandt, U., … Haider, S., … Kambach, S., … Wesche, K., Bruelheide, H. (2022): Global patterns of vascular plant alpha diversity. Nature Communications. DOI: 10.1038/s41467-022-32063-z

 

Ansprechpartner:

Dr. Francesco Maria Sabatini
Koordinator von sPlot - Die globale Vegetationsdatenbank
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
(ehemals affiliiert bei Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig)
Tel.: +49 345 5526199
E-Mail: francesco.sabatini@botanik.uni-halle.de
Web: www.botanik.uni-halle.de/geobotanik/francesco_sabatini/

 

Prof Helge Bruelheide
Professor für Geobotanik
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig
Tel.: +49 345 5526222
E-Mail: helge.bruelheide@botanik.uni-halle.de
Web: www.botanik.uni-halle.de/geobotanik/helge_bruelheide/

 

Sebastian Tilch
Abteilung Medien und Kommunikation
Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig
Tel.: +49 341 97 33197
E-Mail: sebastian.tilch@idiv.de
Web: www.idiv.de/media

 

Diese Seite teilen:
iDiv ist ein Forschungszentrum derDFG Logo
toTop