Porträt eines Parasiten: Evolutionäre Geschichte des Bakteriums Wolbachia aufgeklärt
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Leipzig, 15. Oktober 2014: Das Bakterium Wolbachia bewohnt als Parasit bevorzugt Insekten und Spinnentieren und beeinflusst die Physiologie, Evolution und Diversität ihrer Wirte. Die Erfolgsgeschichte der Bakterien aus evolutionärer Sicht war bislang weitestgehend unbekannt. In einer vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle- Jena-Leipzig unterstützten Studie haben Wissenschaftler der Universität Leipzig und des Max-Planck-Instituts für Evolutionäre Anthropologie erstmals eine umfassende Hypothese zur Stammesgeschichte von Wolbachia vorgelegt. Die Publikation ist in der Fachzeitschrift Nature Communications erschienen (DOI: 10.1038/ ncomms6117).
Das Bakterium der Gattung Wolbachia hat eine clevere Überlebensstrategie entwickelt: Die Winzlinge leben parasitär und besiedeln häufig Spinnen und Insekten. Um den eigenen Fortbestand zu sichern, manipulieren sie den Stoffwechsel ihrer Wirte und sorgen dafür, dass sich diese erfolgreich vermehren. Wolbachia-Bakterien finden sich auch in Fadenwürmern, den Filarien, die bei Wirbeltieren - den Menschen eingeschlossen - schwerwiegende Erkrankungen (Filariosen) verursachen. Da Wolbachia- Bakterien für die Filarien lebensnotwendig sind, macht sich die medizinische Forschung diese Schlüsselposition des Bakteriums zunutze, um die durch Filarien ausgelöste Erkrankungen zu bekämpfen.
Bislang war allerdings wenig über die evolutionäre Geschichte der Wolbachien bekannt. Hier setzt die Analyse der Wissenschaftler, unter ihnen iDiv-Mitglied Dr. Christoph Bleidorn von der Universität Leipzig, an. Deren Analyse zur Stammesgeschichte von Wolbachia basiert auf einem umfangreichen Datensatz genetischer Marker, die aus Wolbachia-Genomen extrahiert wurden. Aus den Ergebnissen lässt sich schließen, dass die in Arthropoden (Spinnen und Insekten) verbreiteten Wolbachia-Stämme einen gemeinsamen evolutionären Ursprung haben und eine abgeleitete Linie unter den Wolbachia-Stämmen darstellen. Im Gegensatz dazu wurden die Fadenwürmer wahrscheinlich zweimal unabhängig voneinander von Wolbachia besiedelt. "Dadurch lässt sich besser verstehen, warum Wolbachia in manchen Wirtslinien häufiger ist als in anderen und ob die verschiedenen durch Wolbachia bekannten Manipulationen ihrer Wirte auf einen gemeinsamen Mechanismus zurückzuführen sind", erläutert Christoph Bleidorn die Relevanz der aktuellen Studies.
Weitere Informationen:
Dr. Christoph Bleidorn (
bleidorn@uni-leipzig.de)
Die Studie:
Michael Gerth, Marie-Theres Gansauge, Anne Weigert & Christoph Bleidorn (2014): Phylogenomic analyses uncover origin and spread of the Wolbachia pandemic. Nature Communications 5:5117 doi: 10.1038/ncomms6117