11.04.2019 | TOP NEWS, Experimentelle Interaktionsökologie, iDiv-Mitglieder
Extensive Landwirtschaft reicht nicht aus, um Klimawandel zu trotzen
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Bodenaktivität nimmt dennoch ab
Leipzig, Bad Lauchstädt. Klimatische Veränderungen gehören zusammen mit intensivierter Landnutzung zu den gravierendsten Einflüssen des Menschen auf terrestrische Ökosysteme. Gerade auf landwirtschaftlich genutzten Flächen ist es daher von großer Bedeutung, die Folgen abschätzen und Gegenmaßnahmen entwickeln zu können, um die Funktionalität und Produktivität der Systeme auch zukünftig zu erhalten. Hier bestehen vor allem in Bezug auf Bodenprozesse noch große Lücken. Forscherinnen und Forscher des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv), der Universität Leipzig und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) konnten in einer aufwändigen zweijährigen Feldstudie neue Erkenntnisse gewinnen. Sie untersuchten, welche Folgen zukünftige klimatische Bedingungen und unterschiedlich bewirtschaftete Graslandvarianten auf die Aktivität im Boden lebender Mikroorganismen und Wirbellose haben. „Trotz der erwiesenen Relevanz unterirdischer Lebewesen für Nährstoffkreisläufe und andere wichtige Prozesse in Grasländern gibt es in diesem Bereich noch viele offene Fragen“, so Professor Nico Eisenhauer, Leiter der nun bei Advances in Ecological Research veröffentlichten Studie. Die Studie fand von März 2015 bis April 2017 auf den Flächen der Global Change Experimental Facility (GCEF) des UFZ in Bad Lauchstädt (Sachsen-Anhalt) statt. Dort können auf einzigartige Weise zukünftige klimatische Bedingungen (inkl. dynamischer Veränderungen von Temperatur- und Niederschlagsmustern im Jahresverlauf) auf verschiedenen genutzten landwirtschaftlichen Flächen simuliert werden. Die vorliegende Studie liefert der Wissenschaft nun mit fast 40 aufeinanderfolgenden Probenahmen einen ausgesprochen wertvollen Einblick in unterirdische Aktivitätsmuster. Die Erstautorin der Studie, Julia Siebert, zu den Ergebnissen: „Wir wissen jetzt, dass der Klimawandel die biologische Aktivität im Boden über den gesamten Untersuchungszeitraum deutlich reduziert hat, was natürlich erhebliche Folgen für die Landwirtschaft mit sich bringen kann.“ Darüber hinaus konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigen, dass die simulierten Klimabedingungen zu einer deutlichen Verschiebung der Aktivitätsmuster hin zu einer früheren Bodenaktivität im Jahr führten (im Mittel 29 Tage früher) – ein Effekt, der bisher hauptsächlich von oberirdischen Lebewesen bekannt war. Dadurch liefern die aktuellen Ergebnisse wichtige Hinweise auf komplexe Verschiebungen der oberirdisch-unterirdischen Interaktionen, mit denen zukünftig zu rechnen ist. Das Team bestätigte außerdem eine Verringerung der Bodenaktivität durch eine intensivere landwirtschaftliche Nutzung von Grasländern. „Besonders interessant an unseren Ergebnissen ist allerdings, dass eine schonende, extensive Nutzung von Grasländern nicht ausreicht, um die Effekte des Klimawandels auf die Aktivität im Boden abzumildern“, so Julia Siebert. Im Gegenteil zeige die Studie sogar, dass extensiv genutzte Flächen – anders als häufig angenommen – besonders unter den klimatischen Veränderungen zu leiden hätten. Der Schutz dieser wertvollen, artenreichen Ökosysteme stelle insofern eine besondere Herausforderung dar. „Um auch zukünftig eine stabile Bereitstellung der Bodenfunktionen und damit in der Folge konstante Futter- und Ernteerträge zu gewährleisten, ist es von entscheidender Bedeutung zusätzliche Maßnahmen und Strategien zu entwickeln, um diese essenziellen Ökosystemfunktionen auch unter dem Einfluss des Klimawandels aufrecht zu erhalten“, so Nico Eisenhauer.Julia Siebert
Originalpublikation:
(iDiv-Wissenschaftler fett) Julia Siebert, Madhav P.Thakur, Thomas Reitz, Martin Schädler, Elke Schulz, Rui Yin, Alexandra Weigelt, Nico Eisenhauer: Extensive grassland-use sustains high levels of soil biological activity, but does not alleviate detrimental climate change effects. Advances in Ecological Research (2019). https://doi.org/10.1016/bs.aecr.2019.02.002Ansprechpartnerin:
Julia SiebertForschungsgruppe Experimentelle Interaktionsökologie
Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig
Universität Leipzig
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