Spaß am Naturschutz und Gutes tun
Länder- und projektübergreifende Studie über die Motivation von ehrenamtlich Forschenden
Basierend auf einer Medienmitteilung des Thünen-Instituts für Biodiversität
Leipzig/Braunscheig. Was treibt ehrenamtlich Forschende – sog. Citizen Scientists – an, sich in ihrer Freizeit an Untersuchungen zur biologischen Vielfalt, speziell dem Monitoring von Insekten, zu beteiligen? Dieser Frage ist ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Anett Richter nachgegangen. Richter ist Alumna des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) und des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und arbeitet am Thünen-Institut für Biodiversität in Braunschweig. Ziel war es, ein klareres Bild über die Motivationen zu bekommen, um Ehrenamtliche besser in internationale Monitoringprogramme einbinden zu können.
Richter und ihre Kolleginnen und Kollegen befragten dafür 181 ehrenamtlich Forschende in Deutschland, Dänemark und Israel, die an Insekten-Monitoringprogrammen beteiligt waren, zu ihren Motiven und Erwartungen. „Die Ergebnisse zeigen, dass in allen drei Ländern die wesentlichen Motive für eine Projektteilnahme ‚Spaß haben‘ und ‚etwas (Gutes) für die Natur tun‘ waren“, sagt die Forscherin aus dem Thünen-Institut. Neben solchen, eher auf die eigene Person bezogenen Motiven spielten auch selbstlose Motive wie „einen Beitrag zur Wissenschaft leisten“ und „einen Beitrag zum Naturschutz leisten“ eine wichtige Rolle. Diese Ergebnisse bestätigen bisherige Studien zur Motivation und sind für die Planungen zukünftiger Projekte von Bedeutung.
Das Autorenteam zeigt, dass – entgegen bisheriger Studien – das Alter und das Geschlecht der Teilnehmenden keinen signifikanten Einfluss auf ihre Beweggründe hatte. Allerdings, und das ist eine neue Erkenntnis in der begleitenden Forschung zu Citizen Science, zeigten sich durchaus Unterschiede in den Motiven der Teilnehmenden, die sich auf ihre jeweiligen kulturellen Hintergründe zurückführen lassen. So steht bei Teilnehmenden in manchen Ländern der Spaß an der Tätigkeit im Vordergrund, während in anderen Ländern ein Teilnahmezertifikat einen hohen Stellenwert hat.
Aus umweltpsychologischer Sicht spannend waren insbesondere die Ergebnisse zu den Wechselbeziehungen zwischen Motiven und der Durchführung von Projektmaßnahmen, wie z. B. von Trainingsmaßnahmen oder das Geben von Feedback. So wurde erkennbar, dass die Motive „sich als Teil der Gemeinschaft zu fühlen“ und „Lernen“ positiv verbunden waren mit der Projektmaßnahme „Training der Ehrenamtlichen zur Bestimmung von Insekten“. Doch es gibt auch negative Wechselwirkungen. Die Umweltpsychologin Dr. Melissa Marselle von der University of Surrey und ebenfalls UFZ- und iDiv-Alumna sagt dazu: „Überrascht hat uns das Ergebnis, dass monetäre Anreize, also beispielsweise eine finanzielle Bonuszahlung für die Teilnahme, sich negativ auf die Motivation auswirken können, sich für den Erhalt von Insekten einzusetzen.“ Co-Autor Dr. Orr Comay, Ökologe am Steinhardt Museum of Natural History der Universität Tel Aviv, weiterer Alumnus von UFZ und iDiv, fügt hinzu: „Dieses wichtige Ergebnis unterstreicht die Bedeutung der Vermittlung von Wissenschaft an Freiwillige. Bei Citizen Science geht es dabei nicht um Status oder Vergütung, sondern um die Wissenschaft selbst und darum, die Freiwilligen wissen zu lassen, wie wichtig ihr Beitrag ist.“
Aus den Ergebnissen schließen die Autorinnen und Autoren, dass es beim Aufbau von Citizen-Science-Projekten von großer Bedeutung ist, sich frühzeitig Klarheit über die möglichen Motive der Teilnehmenden zu verschaffen. Ein aktiver Austausch zwischen den Forschenden und den Ehrenamtlichen vor und während der Projektlaufzeit ist unerlässlich, um Monitoring-Programme erfolgreich umzusetzen. Besonders bedeutsam sind dabei eine kompetente Kommunikation und Koordination der Vorhaben. Bei internationalen Programmen ist es zudem notwendig, die unterschiedlichen individuellen und kulturellen Hintergründe der Teilnehmenden zu berücksichtigen.
Beteiligt an der Studie waren, neben dem federführenden Thünen-Institut für Biodiversität, das Deutsche Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv), das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), die Friedrich-Schiller-Universität Jena (Uni Jena), die School of Zoology und das Steinhardt Museum of Natural History (Tel Aviv, Israel), das Natural History Museum of Denmark (Kopenhagen, Dänemark), die Universität Leipzig, das Department of Applied Ecology der North Carolina State University (Raleigh, USA) sowie die Environmental Psychology Research Group der University of Surrey (Guildford, Vereinigtes Königreich). Eines der in dieser Studie untersuchten Citizen-Science-Projekte wurde von iDiv finanziert und von der Forschungsgruppe Ökosystemleistungen von Prof. Aletta Bonn (UFZ, iDiv, Uni Jena) durchgeführt. Die Ergebnisse sind in dem Journal Biological Conservation veröffentlicht.
Originalpublikation:
(iDiv-Forschende und -Alumni fett gesetzt)
Richter A., Comay, O., Svenningsen, C. S., Larsen, J. C., Hecker, S., Tøttrupe, A. P., Pe'er, G., Dunn, R. R., Bonn, A., Marselle, M. (2021). Motivation and support services in citizen science insect monitoring: A cross-country study. Biological Conservation 263: 109325. DOI: 10.1016/j.biocon.2021.109325
Ansprechpartner:
Dr. Anett Richter
Thünen-Institut für Biodiversität Braunschweig
Tel.: +49 531 596 2584
E-Mail: anett.richter@thuenen.de
Web: www.thuenen.de/en/bd/staff/wissenschaftliches-personal/dr-anett-richter/
Dr. Volker Hahn
Leiter Abteilung Medien und Kommunikation
Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig
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