20.09.2016 | Forschung, sDiv
Die Masse macht’s: Artenvielfalt der Großsäuger hing 20 Millionen Jahre lang von Pflanzenwachstum ab
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Fritz und ihr Team sind die Ersten, die diesen Zusammenhang auf einem solch großen räumlichen und zeitlichen Maßstab – sowohl für Nordamerika als auch für Europa – bestätigen konnten. Mit dem Beginn der Eiszeiten (Pleistozän) war damit Schluss, denn inzwischen korreliert die Artenvielfalt in Nordamerika und Europa mit anderen Umweltbedingungen. Das ist genau der Zeitpunkt, an dem der Mensch in diesen Regionen auf den Plan trat und vermutlich mit der Entnahme von Biomasse aus dem Nahrungskreislauf begann. Als sich das Muster abrupt veränderte, geschah jedoch noch etwas anderes: Große Säugetiere wie Mammuts, Höhlenbären und Saiga-Antilopen starben im Untersuchungsgebiet der Studie massenhaft aus. Ob der Mensch oder klimatische Veränderungen die Ursache hierfür sind, ist bislang umstritten.
„In Europa und Nordamerika gibt es heute viel weniger verschiedene Säugetierarten als früher. Zum Beispiel gibt es in Europa nur noch 51 Großsäugerarten in 27 Gattungen; vor 10 Millionen Jahren waren es noch 130 bis 200 Gattungen. Wie unsere Studie belegt, hat der Mensch zumindest dazu beigetragen, dass sich die Arten- und Gattungsvielfalt nach dem Massenaussterben nicht wieder ‚erholt‘ hat. In nennenswerter Zahl kommen große Säugetierarten heute praktisch nur noch in Afrika und Asien vor“, so Dr. Christian Hof, ebenfalls Senckenberger und Koautor der Studie. Mittlerweile entnimmt der Mensch bis zu 30 Prozent der Biomasse aus dem globalen Nahrungskreislauf – Tendenz steigend. Eine abschließende Bewertung, was das für die Zukunft der Artbildung bei Großsäugern bedeutet, ist jedoch schwierig.
„Je weiter man in die Vergangenheit reist, desto spärlicher sind die Spuren damaliger Tiere, was den direkten Vergleich von Zusammenhängen zwischen dem von uns untersuchten sehr langen Zeitraum mit der Situation heute erschwert. Fest steht aber, dass in der vom Menschen dominierten Welt ökologische ‚Regeln’, wie der Zusammenhang von Großsäugervielfalt und pflanzlicher Biomasse, nicht mehr in der Form gelten wie über Millionen von Jahren üblich. Die Folgen immer weiter reichender menschlicher Eingriffe sind deshalb einmalig in der Erdgeschichte und schwer vorherzusagen“, resümiert Fritz.
Für die Studie werteten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über 14.000 Fossilien aus Nordamerika und Europa aus. Die Fossilien stammen von über 1.600 verschiedenen Großsäugerarten aus rund 1.500 Fundorten. Sie decken den Zeitraum von vor 23 bis vor 1,8 Millionen Jahren ab. Die damit gewonnenen Erkenntnisse wurden anschliessend mit Daten zur Primärproduktion von Pflanzen, die aus fossilen Pflanzenresten ableitbar sind, aus dem gleichen Zeitraum verglichen. Es handelt sich dabei zeitlich gesehen um den größten Datensatz, der in diesem Zusammenhang bisher analysiert wurde.
Die Studie ist ein internationales Kollaborationsprojekt von Forschenden der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, der Goethe-Universität Frankfurt, der Universität Helsinki (FIN), der Brown University und der Stony Brook University (USA), der University of Bristol (UK) und der Universität Leipzig. Im Synthesezentrum (sDiv) des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung Halle-Jena-Leipzig fand dazu ein konstituierender Workshop aller Beteiligten statt. Links: sFOSSIL - Integrating Phylogenies, Fossils and Earth System Dynamics
https://www.idiv.de/en/sdiv/working_groups/wg_pool/sfossil.htmlKontakt Dr. Susanne Fritz
Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum
Tel. 069- 7542 1803
Susanne.fritz@senckenberg.de Dr. Christian Hof
Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum
Tel. 069- 7542 1804
christian.hof@senckenberg.de Sabine Wendler
Pressestelle
Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum
Tel. 069- 7542 1818
pressestelle@senckenberg.dePublikation
Fritz, Susanne A., Eronen, Jussi T., Schnitzler, J., Hof, C. et al. (2016): 20-million year relationship between mammalian diversity and primary productivity. Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA, doi: 10.1073/pnas.1602145113
http://www.pnas.org/content/early/2016/09/06/1602145113.long