Samen heimischer Pflanzen: Eine wichtige Ressource für ökologische Renaturierung
Die gemäßigten Graslandschaften Europas sind unglaubliche Hotspots biologischer Vielfalt und wichtige Lebensräume. Viele von ihnen sind bedroht und bedürfen einer ökologischen Renaturierung (Foto: Emma Ladouceur).
Leontopodium alpinum ist eine Indikatorart der kalkreichen alpinen Graslandschaften. Ihre Samen sind bei ungefähr 6 % aller Saatgutproduzenten in Europa erhältlich (Foto: Emma Ladouceur).
Ein Wissenschaftler sammelt Pflanzensamen. Für die meisten ökologischen Renaturierungsprojekte ist es jedoch keine Option, artenreiche Mischungen per Hand zu gewinnen (photo: Emma Ladouceur).
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Leipzig/Halle/Trient (IT). Maßnahmen zur ökologischen Renaturierung zielen darauf ab, geschädigte Ökosysteme wiederherzustellen. Dabei sind Naturschutzfachleute auf ausreichendes Saatgut heimischer Pflanzen angewiesen. Der Anbau dieses Saatguts ist zwar ein wachsender Markt. Wer jedoch in Europa eine Graslandschaft renaturieren möchte, kann derzeit erst einen geringen Teil der dafür notwenigen Samen erwerben. Zu diesem Schluss kam eine aktuelle Studie in Conservation Letters.
Betreut wurde die Studie von Borja Jiménez-Alfaro, Wissenschaftler am Forschungszentrum iDiv und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, und geleitet wurde sie von Emma Ladouceur, Doktorandin am Wissenschaftsmuseum MUSE in Trient, Italien. Gemeinsam mit ihren Kollegen identifizierten die beiden Wissenschaftler über 1.000 Pflanzenarten, die eine wichtige Rolle für die Renaturierung von Grasländern in Europa spielen. Sie fanden heraus, dass für lediglich 32 % dieser Arten zwei Bedingungen erfüllt sind. Erstens, sie sind als Samen auf dem Markt verfügbar, und zweitens, es ich auch bekannt, unter welche Bedingungen diese Samen keimen. Dies ist wichtig, weil ansonsten Unternehmen zwar das Saatgut lagern, es jedoch nicht verwenden oder in großen Mengen für den Markt produzieren können. „Das ist schade, denn wenn uns für Renaturierungsprojekte nur eine begrenzte Anzahl an heimischen Arten zur Verfügung steht, kann der Versuch, funktionierender Ökosysteme wieder herzustellen, leicht scheitern“, stellt Jiménez-Alfaro fest. „Außerdem müssen wir bedenken, dass die tatsächlich verfügbare Menge an Samen noch geringer ist wenn wir das Problem auf der Ebene einzelner Länder oder für gefährdete Pflanzenarten betrachten. Die Bestände an Samen und Keimprotokollen für die Neuansiedlung gefährdeter Pflanzen sind unzureichend.“ Aus diesem Grund müsse die Verfügbarkeit von Saatgut und die damit verbundene Forschung verbessert werden.
Die Autoren der Studie schlagen vor, die Forschung und Entwicklung im Bereich der Saatgutproduktion heimischer Pflanzen deutlich auszuweiten und den Open-Source-Wissenstransfer zwischen öffentlichen, privaten und akademischen Sektoren zu stärken. Darüber hinaus gelte es, Strategien zu schaffen, um die Nachfrage und Herstellung vielfältiger Samen in Europa anzuregen. Die Saatgutproduktion habe auch großes ökonomisches Potential, so die Wissenschaftler, da sie ein vielversprechender Industriezweig sei.
Die Studie wurde im Rahmen des NASSTEC-Projekts (Native Seed Science, Technology & Conservation Initial Training Network) durchgeführt, das vom MUSE Museum für Wissenschaft koordiniert wird und Teil des Forschungsrahmenprogramms FP7 der Europäischen Union ist.
Original-Artikel:
Ladouceur, E., Jiménez-Alfaro, B., Marin, M., De Vitis, M., Iannetta, P.P.M., Bonomi, C. & Pritchard, H.W. Native seed supply and the restoration species pool.
Conservation Letters. DOI:
https://doi.org/10.1111/conl.12381Kontakt:Dr. Borja Jiménez-AlfaroDeutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv)
Institutsbereich Geobotanik und Botanischer Garten, Institut für Biologie, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Mail:
borja.jimenez-alfaro@botanik.uni-halle.dePrivate Internetseite:
http://jimenezalfaro.weebly.com/Weitere Informationen (auf Englisch):
NASSTEC-Projekt:
www.nasstec.eu.
NASSTEC-Konferenz:
https://nasstec.eu/Konferenz/Programm