31.01.2017 | TOP NEWS, Medienmitteilung, Molekulare Interaktionsökologie

Pflanzen riechen anders, wenn sie von exotischen Tieren gefressen werden

Raupen des Großen Kohlweißlings (Pieris brassicae) waren eine der Pflanzenfresser-Arten, die in der Studie verwendet wurden (Foto: Nicole Van Dam).

Raupen des Großen Kohlweißlings (Pieris brassicae) waren eine der Pflanzenfresser-Arten, die in der Studie verwendet wurden (Foto: Nicole Van Dam).

Eine andere Art war die Kohlblattlaus (Brevicoryne brassicae; Foto: Nicole van Dam).

Eine andere Art war die Kohlblattlaus (Brevicoryne brassicae; Foto: Nicole van Dam).

Rübsen-Pflanze (Brassica rapa) am Straßenrand in den Niederlanden. Der Rübsen ist eine wilde Kohl-Art und mit dem Raps verwandt (Foto: Nicole van Dam).

Rübsen-Pflanze (Brassica rapa) am Straßenrand in den Niederlanden. Der Rübsen ist eine wilde Kohl-Art und mit dem Raps verwandt (Foto: Nicole van Dam).

Anordnung des Experiments im Labor. Die Gerüche der Pflanzen sammeln sich in den Plastiktüten (Foto: Holger Danner).

Anordnung des Experiments im Labor. Die Gerüche der Pflanzen sammeln sich in den Plastiktüten (Foto: Holger Danner).

Neben den Effekten der Insekten auf Pflanzen wurde auch jener der Roten Wegschnecke (Arion rufus) im Experiment getestet (Guillaume Brocker / Wikipedia).

Neben den Effekten der Insekten auf Pflanzen wurde auch jener der Roten Wegschnecke (Arion rufus) im Experiment getestet (Guillaume Brocker / Wikipedia).

Studienleiterin Prof. Nicole van Dam (Foto: Stefan Bernhardt).

Studienleiterin Prof. Nicole van Dam (Foto: Stefan Bernhardt).

Hinweis für die Medien: Die von iDiv bereitgestellten Bilder dürfen ausschließlich für die Berichterstattung im Zusammenhang mit dieser Medienmitteilung und unter Angabe des/der Urhebers/in verwendet werden.
Wenn sie von Insekten oder anderen kleinen Tieren befallen sind, verströmen viele Pflanzen Gerüche um die Feinde der Pflanzenfresser anzulocken. Eine neue Studie, die in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift New Phytologist veröffentlicht wurde, enthüllt, dass sich die Zusammensetzung dieser Gerüche je nach Art des Pflanzenfressers ändert. Zur Überraschung der beteiligten Forscher können einheimische Pflanzen sogar erkennen, wenn nicht-einheimische Insekten sich an ihnen gütlich tun. In diesem Fall sondern sie eine ganz spezifische Duftnote ab. Viele Pflanzen fordern Verstärkung an, wenn sie von Insekten oder anderen kleinen Pflanzenfressern befallen werden. Zu diesem Zweck sondern sie Gerüche ab. Diese locken beispielsweise Wespen an, die als Parasiten auf der Suche nach Raupen als Wirtstiere sind. Die Wespen legen ihre Eier dann in den Raupen ab und töten diese dadurch. Dies bedeutet: weniger Schmetterlinge und gefräßige Raupen in der nächsten Generation. Ein internationales Forschungsteam hat nun untersucht, welchen Einfluss zwölf Pflanzenfresser-Arten auf eine wilde Kohl-Art (Rübsen bzw. Brassica rapa) haben. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass Kohl-Pflanzen die Gerüche, die sie verströmen, an die Eigenschaften des entsprechenden Pflanzenfressers anpassen. Besonders überraschend ist, dass die Pflanzen andere Gerüche verströmen, wenn sie von nicht-einheimischen (exotischen) anstelle von einheimischen Pflanzenfressern befallen sind. Unterschiedliche Pflanzenfresser induzieren unterschiedliche Gerüche Unter den zwölf Pflanzenfresser-Arten, die getestet wurden, waren Raupen, Blattläuse und eine Nacktschnecke. Außerdem waren in der Auswahl Nahrungsspezialisten und -generalisten, saugende und beißende sowie exotische und einheimische Pflanzenfresser vertreten. Die Forscher ermittelten feine Unterschiede zwischen den Gerüchen, die die angegriffenen Pflanzen verströmten. Dafür verwendeten sie einen Gaschromatografen mit einem hochpräzisen Massenspektrometer. So zeigte sich, dass sich die Reaktionen der Pflanzen auf fremde und einheimische Pflanzenfresser nicht anhand einer einzigen flüchtigen Substanz unterschieden, sondern anhand des Verhältnisses verschiedener Substanzen. „Das passt zu dem, was wir über die Wahrnehmung und das Verhalten von parasitoiden Wespen und anderen Prädatoren wissen. Sie nutzen eine Mischung aus verschiedenen Geruchs-Substanzen um Informationen über ihre Beute zu erhalten“, erklärt Studienleiterin Nicole van Dam, Professorin am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Sie ist auch mit der Radboud-Universität in Nijmegen (Niederlande) verbunden, an der auch zwei der anderen Studienautoren tätig sind und wo die Forschungsarbeit durchgeführt wurde. Kommunizierende Pflanzen Viele nicht-einheimische Pflanzenfresser wurden mittlerweile nach Europa eingeschleppt, was durch die Globalisierung vorangetrieben und durch den Klimawandel begünstigt wird. Das Problem mit den exotischen Pflanzenfressern ist, dass sie ähnliche Gerüche wie einheimische Arten auslösen können. Dies kann die einheimischen Feinde verwirren, von denen manche die exotischen Pflanzenfresser nicht nutzen können, um in ihnen ihre Eier abzulegen. Bei der Studie von van Dam und ihrem Team war dies jedoch nicht der Fall: Die nicht-einheimischen Pflanzenfresser lösten ganz andere Gerüche aus als ihre einheimischen Pendants, auch wenn sie auf ähnliche Weise an der Pflanze fraßen. Van Dam sieht diese Ergebnisse als einen „spektakulären Beweis“ dafür, wie konkret Pflanzen auf ihre Umwelt reagieren. „Die Pflanzen haben vielleicht weder ein Nervensystem noch Augen, Ohren oder einen Mund, doch sie können unterscheiden, wer sie angreift. Dadurch können sie parasitischen Wespen verlässliche Informationen übermitteln. Was ich wirklich beeindruckend finde, ist, dass sie sogar in der Lage sind, zwischen einheimischen und fremden Pflanzenfressern zu unterscheiden.“ Die beeindruckende Fähigkeit von Pflanzen, zu erkennen, wer an ihnen frisst, wurde kürzlich auch durch eine andere Studie belegt, an der ebenfalls Forscher von iDiv beteiligt waren (siehe unten). Diese Studie hatte gezeigt, dass Bäume erkennen können, wenn sie von Rehen angefressen werden, wobei sie den Speichel der Rehe als Hinweis nutzen. Tabea Turrini / Iris RoggemaPublikation: Holger Danner, Gaylord A. Desurmont, Simona M. Cristescu and Nicole M. van Dam (2017): Herbivore-induced plant volatiles accurately predict history of coexistence, diet breadth, and feeding mode of herbivores. New Phytologist. doi: 10.1111/nph.14428 Finanzierung: Diese Studie wurde unterstützt durch das ESF-EuroVOL Programm, das durch die Netherlands Organisation for Scientific Research (NWO-ALW) finanziert wird, grant number 855.01.172 NWO-ALW, sowie durch den Schweizer Nationalfonds (SNF) FN 31VL30-134413 – EUROCORE Projekt InvaVol. N.M.v.D wurde unterstützt durch das Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig, das durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft finanziert wird (FZT 118). Bildmaterial:https://portal.idiv.de/owncloud/index.php/s/XAms8BuLSk3ndzaÄhnliche Pressemitteilungen: 14.11.2016
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https://www.idiv.de/de/news/pressemitteilungen/press_release_single_view/news_article/with-a-littl.html 12.09.2016
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https://www.idiv.de/de/news/pressemitteilungen/press_release_single_view/news_article/trees-recogn.htmlWeitere Informationen:Prof. Nicole van Dam (Deutsch, Englisch, Niederländisch) Leiterin der Forschungsgruppe Molekulare Interaktionsökologie am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und Professorin für Molekulare Interaktionsökologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU)
Tel.: +49 341 9733165
Web: https://www.idiv.de/de/das_zentrum/mitarbeiterinnen/mitarbeiterdetails/eshow/van-dam-nicole.htmlundDr. Tabea Turrini (Deutsch, Englisch)
iDiv Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: +49 341 9733 106
Web: https://www.idiv.de/de/das_zentrum/mitarbeiterinnen/mitarbeiterdetails/eshow/turrini-tabea.html
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