28.02.2018 | TOP NEWS, Biodiversität und Mensch
Workshop über die Rolle von Storytelling in Citizen Science
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Unter den Schlagwörtern “People-Places-Stories” haben WissenschaftlerInnen die Rolle von Narration in der Bürgerforschung analysiert
Leipzig. Wenn sich BürgerInnen an wissenschaftlicher Forschung beteiligen („Citizen Science“), spielt das Geschichtenerzählen oft eine wichtige Rolle. Vom 23. Februar bis 02. März 2018 besuchen zwei Gastwissenschaftlerinnen aus Österreich mit einem COST Action-Stipendium das Department Ökosystemleistungen, um gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen von UFZ und iDiv die Bedeutung des Geschichtenerzählens für Citizen Science genauer zu untersuchen. An einem eintägigen Workshop nahmen zudem weitere ExpertInnen aus dem Bereich Citizen Science und Didaktik teil.Von Dr. Anett Richter (Wissenschaftlerin bei UFZ/iDiv)
Geschichten lenken Aufmerksamkeit, Emotionen und Verstehen. Die narrative Methode „Storytelling“ bedeutet in der Citizen Science- Praxis wie auch für die wissenschaftliche Analyse eher ein „in die Geschichte hinein erzählen“ als ein „Geschichte erzählen und zuhören“. Die wissenschaftliche Betrachtung der Relevanz des Storytelling für Citizen Science-Projekte verbunden mit der Entwicklung eines gemeinsames Modells für die Anwendung der narrativen Methode in unterschiedlichen Wissenschafts-Bereichen (von Sozial- über Natur- und Bildungswissenschaften) ist Ziel eines zehntägigen COST Action-Forschungsaufenthaltes von Dr. Didone Frigerio (Universität Wien) und Dipl.-Ing. Andrea Sieber MA MA (Alpen-Adria-Universität Klagenfurt) in der Arbeitsgruppe von Prof. Aletta Bonn und mir (Department Ökosystemleistungen am UFZ/iDiv). Wir haben zudem einen Workshop veranstaltet, zu dem wir weitere ExpertInnen aus den Natur- und Sozialwissenschaften eingeladen haben, ihre Arbeit zu präsentieren und gemeinsam das Verhältnis zwischen Storytelling und „Narration“, die Einsatzmöglichkeiten der Narration sowie das unerschöpfte Potential von Narration in Citizen Science-Aktivitäten zu diskutieren. Insgesamt waren sich die Teilnehmenden einig über die Tatsache, dass Storytelling im Rahmen von Citizen Science-Projekten in verschiedenen Forschungsphasen vorkommen kann und ein Kernelement des Prozesses bildet. Zudem ist Storytelling multifunktional, da es sowohl als Objekt (z.B. Geschichten als Wissensträger/Datenquelle) als auch als Methode (z.B. Kommunikation nach innen/außen) verwendet wird. Dieser Ansatz wird in den nächsten Wochen vertieft untersucht und in einer wissenschaftlichen Publikation aufbereitet. Diplom-Biologin Victoria Miczajka-Russmann (Universität Leipzig, Erziehungswissenschaften) berichtete über ihre Erfahrungen mit Grundschulkindern als ÖkosystemforscherInnen. Prof. Jörg Zabel (Universität Leipzig, Biologiedidaktik) sprach über die Rolle von Geschichten bei der Vermittlung von naturwissenschaftlichen Fakten wie z.B. der Evolutionsgeschichte. Doktorandin Andrea Sieber (Universität Klagenfurt, Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung) erläuterte die bedeutende Rolle des Zuhörers beim Storytelling und teilte ihre Erfahrungen aus ihrer Forschung im Lesachtal in Österreich zum Thema Oral History zur Erfassung und zum Transfer von immateriellem Kulturerbe mit unterschiedlichen Generationen. In ihren Projekten bilden Narrative in allen Forschungsphasen ein Kernelement der partizipativen Forschung mit BürgerInnen. Sie sind sowohl Erhebungsgegenstand durch Schreibaufrufe, Erzählcafes, intergenerationelle Interviews und andere Formate, als auch Mittel bei der kreativ-performativen Ergebnispräsentation zum Beispiel in Form von Animationsfilmen, Raps oder Ausstellungen zu den Forschungserkenntnissen. Dr. Didone Frigerio (Universität Wien, Konrad Lorenz Forschungsstelle für Verhaltens- und Kognitionsbiologie) nutzt in ihrer Forschung zur Verhaltensbiologie Storytelling als Tool für wissenschaftliche Kommunikation. Ihre Arbeiten wurden erst kürzlich beim „Sparkling Science Slam“ mit Auszeichnungen gewürdigt. Die Diskussion wurde durch praktische Erfahrungen zu Storytelling von David Ziegler (Plattform BürgerschaffenWissen, Museum für Naturkunde Berlin) sowie Steffen Klotz (Thünen-Institut, Mecklenburg-Vorpommern) aus den Bereichen Bürgerforschung und Forschung im ländlichen Raum (Projekt Landinventur) bereichert. Susanne Hecker (UFZ/ iDiv) brachte Perspektiven aus der Wissenschaftskommunikation ein und ermöglichte Einblicke in den aktuellen wissenschaftlichen Diskurs zu Storytelling. Susanne Hecker beschäftigt sich im Rahmen ihrer Doktorarbeit mit Fragen an der Schnittstelle von Wissenschaftskommunikation und Citizen Science. Meine Motivation den Forschungsaufenthalt von Andrea Sieber und Didone Frigerio zu unterstützen war, dass beide KollegInnen Storytelling in Citizen Science bereits erfolgreich einsetzen und sich der Mehrwert dieses Ansatzes mit meinen eigenen Erfahrungen deckt. Nach meiner Beobachtung lebt Citizen Science durch die vielfältigen Geschichten. Erst durch das Erzählen und das Zuhören gelingt es, einen Dialog auf Augenhöhe zu führen. Auf der Basis der Erfahrungen und Beispiele konnte festgestellt werden, dass Storytelling multifunktional und plastisch in seiner Anwendung ist. Eine systematische Untersuchung der Anwendbarkeit von Storytelling in wissenschaftlichen Prozessen und Citizen Science-Aktivitäten wird Gegenstand der Betrachtung sein und auf der zweiten Europäischen Citizen Science Konferenz im Sommer 2018 präsentiert. Anett Richter (UFZ/iDiv)Weitere Informationen: Projekte von Andrea Sieber im Lesachtal (Kärnten, Österreich):www.lesachtalerbrot.wordpress.com
www.lesachtalerflachs.wordpress.com Projekt von Didone Frigerio beim “Sparkling Science Slam” (Österreich):
www.youtube.com/watch) COST Action Programm:
www.cost.eu/COST_Actions/ca/CA15212 Konferenz der European Citizen Science Association (ECSA) 2018:
www.ecsa-conference.euKontakt: Dr. Anett Richter
Postdoktorandin in der Abteilung Ökosystemleistungen
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ
Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv)
Email: anett.richter@idiv.de
Tel: 0341 9733145