Biologische Globalisierung bedroht entlegene Inseln
Kakteen der Unterfamilie Opuntia stammen ursprünglich aus Amerika, sind aber inzwischen auch im mediteranen Raum auf Inseln wie hier im Bild auf Malta verbreitet. Foto: pixuslius/pixelio
Je weiter eine Insel vom Festland entfernt ist, desto größer ist der Anteil nicht-heimischer Arten, so eine neue Studie. Die Kanarischen Inseln sind daher besonders anfällig für invasive Arten. Foto: aepheikki/pixabay
Eukalyptusbäume auf Sizilien. Die Art stammt ursprünglich aus Australien, hat sich aber im Mittelmeerklima etabliert. Foto: Marten Winter, iDiv
Je weiter eine Insel im Ozean liegt, desto großer ist der Anteil nicht-heimischer Arten, so die neue Studie. Auf Madeira gibt es inzwischen mehr nicht-einheimische als heimische Pflanzenarten. Foto: FF16/pixabay
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Wien/Leipzig. Je weiter eine Insel vom Festland entfernt ist, desto weniger heimische Tier- und Pflanzenarten, aber desto mehr vom Menschen eingeschleppte Arten – sogenannte Neobiota – beherbergt sie. Zu diesem überraschenden Ergebnis kommt ein internationales Forschungsteam um Dietmar Moser, Bernd Lenzner und Franz Essl vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität Wien in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift "PNAS". An der Studie war auch Marten Winter von iDiv beteiligt. Dass es mehr Neobiota auf weit vom Festland entfernten Inseln gibt könnte für die globale Biodiversität gravierende Folgen haben.
Bereits seit längerer Zeit ist bekannt, dass die Flora und Fauna von Inseln stark unter der Verbreitung nicht-heimischer Arten leidet. Neobiota sind direkt oder indirekt schuld am Verschwinden von fast einem Drittel der auf Inseln ausgestorbenen Arten. Da viele dieser Inselarten endemisch sind, also ausschließlich auf 'ihrer' Insel und sonst nirgendwo auf der Welt vorkommen, stellen Neobiota auf Inseln eine besondere Gefahr für die globale Biodiversität dar. Um zu verstehen, warum manche Inseln stärker oder weniger stark von ihnen betroffen sind, werteten die Forscherinnen und Forschern in ihrer aktuellen Studie die Anzahl an heimischen und nicht-heimischen Säugetieren, Vögeln, Reptilien, Ameisen und Pflanzen auf 257 tropischen und subtropischen Inseln aus und setzten sie in Zusammenhang mit einer Reihe mutmaßlicher Einflussfaktoren.
Die Ergebnisse bestätigen einerseits schon länger bekannte Zusammenhänge zwischen Inselgröße und Anzahl von heimischen Arten als auch von Neobiota. "Was uns überrascht hat, war allerdings, dass der Isolationsgrad einer Insel, also ihre Entfernung vom Festland, einen exakt gegenläufigen Effekt auf die Anzahl heimischer und nicht-heimischer Art hat: Heimische Arten werden weniger, Neobiota nehmen zu", erklärt Dietmar Moser, einer der beiden Hauptautoren der Studie. Marten Winter vom Forschungszentrum iDiv in Leipzig ergänzt: „Neu eingebrachte Arten sind häufig mit sehr anpassungsfähigen Merkmalen ausgestattet. Sie können sich schneller etablieren, ausbreiten, vorhandene Ressourcen effizienter nutzen und sind deswegen so oft die durchsetzungsfähigeren Konkurrenten und häufig sehr effiziente Fressfeinde“.
Die mutmaßlichen Gründe für diesen erstaunlichen Befund erklärt sein Kollege Bernd Lenzner: "Je weiter eine Insel vom Festland entfernt ist, desto evolutionsgeschichtlich isolierter und eigentümlicher sind die auf ihr heimischen Arten. Das liegt einerseits daran, dass nur wenige Lebewesen diese großen Distanzen überwinden können und andererseits daran, dass die erfolgreichen Individuen sich in genetischer Isolation an die spezifischen Gegebenheiten auf der Insel angepasst haben". Infolgedessen haben viele Arten ihre Scheu oder Verteidigungsstrategien verloren, da natürlichen Fressfeinde auf der Insel fehlen. Neu vom Menschen eingebrachte Spezies haben dann leichtes Spiel.
Generell zeigen die Ergebnisse der Forscherinnen und Forscher, dass gerade die entlegensten Inseln mit ihrer einzigartigen Tier- und Pflanzenwelt am stärksten durch nicht-heimischen Arten bedroht sind. Mit Ausnahme der Vögel ist dieses Muster für alle untersuchten Artengruppen dasselbe. Biologische Invasionen auf Inseln bedrohen vor allem auch die ganz seltenen Arten. "Gerade auf den entlegensten Inseln sollten daher besonders strenge Maßnahmen gegen die Einfuhr nicht-heimischer Arten internationaler Standard werden", betont Moser.
Publikation in "Proceedings of the National Academy of Sciences" PNAS (iDiv-Wissenschaftler fett markiert):Moser D, Lenzner B, Weigelt P, Dawson W, Kreft H, Pergl J, Pyšek P, van Kleunen M,
Winter M, Capinha C, Cassey P, Dullinger S, Economo EP, García-Díaz P, Guénard B, Hofhansl F, Mang T, Seebens H, Essl F (2018): Remoteness promotes biological invasions on islands worldwide.
Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), DOI: 10.1073/pnas.1804179115
http://dx.doi.org/10.1073/pnas.1804179115Wissenschaftlicher Kontakt:
Dr. Marten Winter
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Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv)
Telefon: +49 341 9733129
https://www.idiv.de/de/gruppen_und_personen/mitarbeiterinnen/mitarbeiterdetails/eshow/winter-marten.htmlundDr. Dietmar Moser
Bernd Lenzner
Department für Botanik und Biodiversitätsforschung
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Telefon: +43-1-4277-54-372 (Dietmar Moser)
Telefon: +43-680-3278884 (Bernd Lenzner)
http://cvl.univie.ac.at/department/Staff/staff_detail.cfm?Nachname=Moserhttp://cvl.univie.ac.at/department/Staff/staff_detail.cfm?Nachname=Lenzner Rückfragehinweis
Tilo Arnhold
Medien und Kommunikation
Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv)
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